Tourismus: Einfach Wegbleiben!

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Die Kanaren, Venedig, Amsterdam: Menschen wehren sich gegen den Massenansturm. Richtig so, denn dieser Tourismus zerstört, was er ersehnt.

1. Mai 2024, 12:59 Uhr

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391 Kommentare Die Bauruine eines illegalen Hotels auf Teneriffa © Rubén Plasencia für ZEIT ONLINE

Boulevardzeitungen beschäftigen sich vor allem mit den drei großen Fragen der Menschheit: Wer mit wem? Wer gegen wen? Und: Was hab ich davon? Insofern war es überraschend, dass Bild neulich titelte: "Darum fliegen wir trotzdem auf die Kanaren. Das sagen deutsche Inselurlauber". Sollten da plötzlich Skrupel aufgekommen sein wegen des CO₂-Ausstoßes? Denkbar wäre das, geht es doch immerhin um etwa 7.000 Kilometer und einen CO₂-Ausstoß von ungefähr 1,2 Tonnen pro Kopf. Das ist etwa so viel wie ein durchschnittlicher Pakistaner ausstößt - pro Jahr. Zumal eine Hin- und Rückreise mit dem Zug etwa von Leipzig nach Rimini, wo es auch sehr schön, sandig und sonnig ist, für einen Reisenden nur schlappe 30 Kilogramm Kohlendioxid verursacht. Warum also "trotzdem" auf die Kanaren?

Natürlich war das Klima nicht gemeint, denn wenn wir erst anfingen, weniger zu reisen, bloß weil die Atmosphäre sich erhitzt, wo kämen wir da hin (allenfalls bis nach Rimini)? Tatsächlich gab es zuletzt auf allen Kanarischen Inseln Massenproteste gegen den Massentourismus, die Menschen dort haben schlicht die Nase voll von der Zerstörung ihrer Inseln durch immer mehr Hotels und Fincas und Verkehr und Remmidemmi. Ähnliches hört man sogar von "unserer" Insel Mallorca. Auch in Katalonien kommt es zu massiven Konflikten, weil die Einwohner dort wegen der Dürre ihr Wasser rationieren müssen (Verbotspolitik!), die Touristen jedoch nicht.

Was ist bloß los mit den Spaniern? Nichts Besonderes. Denn diese Aufstände werden auch aus Amsterdam gemeldet, wo die Stadt keine Kreuzfahrtschiffe mehr anlegen lässt. Und aus Venedig, das gute Aussichten hat, durch den Tourismus noch schneller unterzugehen als durch den steigenden Meeresspiegel. Kurzum: Dieser Tourismus zerstört, was er ersehnt und bringt diejenigen gegen sich auf, die er besucht.

Ach, der billige Massentourismus, könnte man jetzt sagen. Ja, nee, nicht nur, das zeigt schon das Beispiel Barcelona. Doch auch in Norwegen wehrt man sich gegen hochpreisige Kreuzfahrtanbieter, die ihre schmalen Fjorde vollpesten und 500-Einwohner-Dörfer nach dem Besuch eines 5.000-Passagiere-Dampfers im Müll ersticken lassen.

Nein, der herkömmliche Tourismus stößt an seine Grenzen, er muss weniger werden, nachhaltiger, achtsamer, höflicher, teurer. Auch ganz ohne Klima. Gute Reise!