Veteranentag: Ein harter Kampf für Anerkennung
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Veteranen der Bundeswehr fordern Respekt von Politik und Gesellschaft ein. Nun beschließt der Bundestag einen Veteranentag und verspricht Hilfe. Reicht das den Soldaten?
24. April 2024, 18:24 Uhr
Um 11.40 Uhr soll es am Donnerstag im Bundestag so weit sein, das Parlament stellt die Veteranen für eine Stunde in den Mittelpunkt. Dann steht unter Punkt acht auf
der Tagesordnung der Antrag der Ampelparteien und der Union: "Für eine umfassende Wertschätzung
- Einen nationalen Veteranentag einführen und die Versorgung der Veteranen und
deren Familien verbessern". Beides fordern Veteranen und ihre Familien seit Langem: mehr
Anerkennung und mehr Hilfe vom Staat für diejenigen Soldatinnen und Soldaten,
die versehrt aus den Auslandseinsätzen zurückgekehrt sind.
Sandra Thamm ist extra nach Berlin gefahren, um dabei zu sein. "Die Versorgung von
Veteranen muss besser werden", sagt die Ehefrau eines lang gedienten Soldaten. "Und damit meine ich nicht nur das
Geld. Die Politik schaut viel zu wenig auf die Familien und bindet sie zu wenig
ein." Sie hat gemeinsam mit ihrem Mann Martin Thamm-Sparwald den Verein für Angehörige von traumatisierten
Einsatzveteranen und Einsatzkräften (Atek) gegründet. Wie viele Bundeswehrangehörige eine posttraumatische
Belastungsstörung (PTBS) haben, weiß niemand genau. Denn viele Männer und Frauen erhalten ihre Diagnose erst Jahre, nachdem sie die Truppe verlassen haben. "Gerade
psychische Erkrankungen wie zum Beispiel Posttraumatische Belastungsstörungen
sind von einer langen Latenzzeit geprägt, sodass viele Einsatzgeschädigte zum
Zeitpunkt der Diagnose nicht mehr Angehörige der Bundeswehr sind", heißt es im Antrag der fünf Parteien. "Es
bedarf einer weiteren Verbesserung besonders für einsatzgeschädigte Soldatinnen
und Soldaten und ihre Angehörigen."
Sandra Thamm hat viele Vorschläge in die Politik
eingebracht, wie eine effektivere Hilfe umgesetzt werden kann, hat mit Politikern und
Verbänden gesprochen. In Nürnberg auf einer Ausrüstungs- und Waffenmesse hat sie Landesminister, Staatssekretäre und Generäle am Stand ihres Vereins empfangen und für mehr Engagement für die Veteranen geworben. Nun haben Abgeordnete sie eingeladen,
der Debatte im Plenum und der Abstimmung von der Besuchertribüne aus zu folgen.
Für ihren Mann wäre das zu viel Trubel gewesen. Er leidet an einer PTBS,
lebensbedrohliche Ereignisse in Afghanistan und schreckliche Erlebnisse mit Tod
und Leid haben ihn psychisch krank gemacht. Der Krieg am Hindukusch ist für die
Bundeswehr seit August 2021, seit der Evakuierungsmission aus Kabul, endgültig
vorbei. Aber nicht für Martin Thamm-Sparwald. Seine Traumata bleiben und verhindern, dass er ein normales
Leben führen kann.
Er meidet Menschenmassen, Einkaufen im Supermarkt ist eine Herausforderung. Lärm und Sinneseindrücke, die ihn
an die Einsätze erinnern, lösen Stress, Panikattacken und Flashbacks aus, dann glaubt Thamm-Sparwald kurz wieder in Afghanistan zu sein. Trotz seiner PTBS engagiert er sich in der stetig wachsenden Veteranenszene in Deutschland. Wie nah ihm seine Erlebnisse in den Einsatzländern der
Bundeswehr gehen, zeigt sich am Karsamstag. Gemeinsam mit acht Männern und vier Frauen steht er
mit gesenktem Kopf in einem Halbkreis in der Nähe des Aasees im nordrhein-westfälischen Ibbenbüren. Mit einer Schweigeminute erinnern sie an drei deutsche Soldaten, die am
Karfreitag im Norden Afghanistans gefallen sind. Nur Gänse unterbrechen die Stille. Sie schwimmen auf dem Wasser oder treiben am Ufer ihre
Küken zusammen. Martin Thamm-Sparwald räuspert sich. "Es
geht uns heute nicht nur darum, die Gefallenen des Karfreitags zu ehren,
sondern auch darum, den Lebenden mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen", sagt der
frühere Fallschirmjäger und Sanitäter der Bundeswehr.
Auch er kennt Afghanistan gut. 601 Einsatztage hat Thamm-Sparwald
in sechs Auslandsmissionen absolviert. Er hat viele Menschen behandelt, viele Tote und Verletzte gesehen, Kameraden
gerettet, auch einige verloren. Aber die Bilder von verwundeten Kindern in seinem Kopf machen ihm heute besonders zu
schaffen.
Viele Veteranen leiden nach ihren Einsätzen
Es geht uns heute nicht nur darum, die Gefallenen des Karfreitags zu ehren, sondern auch darum, den Lebenden mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Martin Thamm-Sparwald, Veteran der Bundeswehr