Unternehmer wegen Drohnen-Geschäfts mit Moskau vor Gericht

→ Оригинал (без защиты от корпорастов) | Изображения из статьи: [1]

"Ich bin gegen den Krieg" Unternehmer wegen Drohnen-Geschäfts mit Moskau vor Gericht

03.05.2024, 21:47 Uhr Artikel anhören

Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos | Feedback senden

Auf der Anklagebank mimt er den Pazifisten. Doch ein 59-Jähriger aus dem Saarland soll Sanktionen umgangen haben, indem er Bauteile für Drohnen nach Russland verkauft hat. Insgesamt soll er damit 875.000 Euro verdient haben. Zum Prozessauftakt gibt er sich ahnungslos.

Weil sie illegal elektronische Bauteile für Drohnen nach Russland geliefert haben sollen, müssen sich zwei deutsch-russische Geschäftsleute aus dem Saarland und aus Baden-Württemberg vor dem Oberlandesgericht Stuttgart verantworten.

Deren Kunde in Russland produzierte der Anklage zufolge militärisches Material und Zubehör. Dazu habe auch die von den russischen Streitkräften in der Ukraine eingesetzte Orlan 10-Drohne gehört, sagte der Vertreter der Bundesanwaltschaft bei der Verlesung der Anklage in Stuttgart. Diese Drohne habe eine "herausragende Bedeutung" für die Tödlichkeit russischer Angriffe in der Ukraine. Die gelieferten Elektrobauteile sind laut Anklage vom Russland-Embargo der Europäischen Union erfasst.

Dem Hauptangeklagten wirft die Bundesanwaltschaft vor, in 54 Fällen die Sanktionen umgangen zu haben. Dafür soll der 59-Jährige aus dem Saarland die US-Lieferanten der Waren getäuscht haben, indem er erklärte, die Bauteile blieben in Deutschland - sie dann aber trotzdem nach Russland geliefert zu haben. Sie gingen laut Anklage zunächst an zivile Scheinfirmen, die sie dann an das Militärunternehmen weitergaben.

"Ich weiß nicht, wie das zusammengekommen ist"

Nach dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine und der Verschärfung der Sanktionen lief die Lieferung laut Anklage über Scheinempfänger in Kasachstan, Kirgistan, Hongkong, der Türkei oder in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dafür soll der Mann laut Anklage Verkaufslisten und Packlisten der Lieferungen so gestaltet haben, dass nicht mehr erkennbar gewesen sei, dass die Waren von den Russland-Sanktionen betroffen sind und eigentlich nur mit Genehmigung hätten ausgeführt werden dürfen.

Mit dem zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle habe der Mann zu keinem Zeitpunkt Kontakt gehabt, so der Vertreter der Bundesanwaltschaft. Geholfen haben soll ihm laut Anklage in 14 Fällen seine 53 Jahre alte Lebensgefährtin aus der Nähe von Karlsruhe. Sie soll gegenüber den US-Unternehmen erklärt haben, die Bauteile seien für ihr Unternehmen in Deutschland bestimmt. Dazu habe sie falsche Verbleibserklärungen abgegeben.

Am ersten Prozesstag verlas der Vertreter der Anklagebehörde mehr als eine halbe Stunde lang jeden einzelnen Fall, in dem der Mann Bauteile nach Russland geliefert haben soll: darunter Transmitter, Mikrochips und Isolatoren. Mal waren es 20 Stück, mal 4000. Insgesamt soll der Deutsch-Russe der Anklage zufolge damit rund 875.000 Euro erlöst haben. Diese Summe könne er nicht nachvollziehen, sagte der Angeklagte. "Ich weiß nicht, wie das zusammengekommen ist. Ich habe zu wenige Informationen und kann mich nicht wirklich verteidigen."

"Ich möchte, dass die Länder in gegenseitigem Frieden leben"

Zu den Vorwürfen der Bundesanwaltschaft äußerte sich der 59-Jährige am ersten Prozesstag nicht. In einem Statement zu seinem persönlichen Werdegang betonte er jedoch, er habe sich seit vielen Jahren für den Frieden eingesetzt. "Ich bin gegen den Krieg und will mich an diesem Wahnsinn nicht beteiligen", sagte er. Er stehe weder auf der einen noch auf der anderen Seite. "Ich möchte, dass die Länder in gegenseitigem Frieden leben."

Zu den Vorwürfen werde sich sein Mandant in einer späteren Sitzung schriftlich äußern, kündigte der Verteidiger an. Das will dann auch die mitangeklagte Lebensgefährtin tun.

Es ist nicht der erste gegen Angeklagte, die Russland-Sanktionen umgangen haben sollen. In Stuttgart läuft derzeit ein weiterer Prozess gegen einen Mann, der Werkzeugmaschinen an russische Waffenhersteller geliefert haben soll. Und das Amtsgericht Köln verurteilte jüngst einen Autohändler zu einer Bewährungsstrafe, der nach Überzeugung des Gerichts Luxusfahrzeuge nach Russland verkauft und damit die Sanktionen umgangen hatte.