Düsseldorfer Rüstungskonzern: Rheinmetall hofft auf 50 Milliarden Euro Börsenwert

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Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall hofft auf 50 Milliarden Euro Börsenwert

Düsseldorf · Der Vorstandschef von Rheinmetall erwartet noch stärkeres Wachstum als bisher. Gerade der Bau von Munition für die Ukraine kurbele das Geschäft an. Er gibt sich dankbar, dass ihn die Polizei beschützt, nachdem es am Montag einen Anschlag auf eines seiner Häuser gegeben hatte.

Rheinmetall-Chef Papperger vor einem Panzer des Konzerns.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Der Düsseldorfer Rüstungs- und Technologiekonzern Rheinmetall erwartet zwei Jahre nach Beginn des Ukraine-Krieges ein noch steileres Wachstum als bisher. Beim Umsatz werde das Unternehmen dieses Jahr um rund 40 Prozent auf zehn Milliarden Euro zulegen. Der Auftragsbestand werde Ende des Jahres bei 60 Milliarden Euro liegen. Er rechne mit einem lange andauernden Boom seiner Branche, sagte Vorstandschef Armin Papperger vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung (WPV) in Düsseldorf. Dies könne auch den Aktienkurs weiter massiv antreiben: Nachdem sich der Börsenwert in den letzten drei Jahren bereits auf 22 Milliarden Euro verdreifacht habe, sei nun ein weiterer Sprung nach oben denkbar: Er habe die Leitung bei Rheinmetall übernommen, als der Börsenwert bei nur 800 Millionen Euro gelegen habe, sagte Papperber: „Nun sind 50 Milliarden denkbar."

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Rheinmetall - das stellt das Düsseldorfer Rüstungsunternehmen her

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Foto: Rheinmetall/Sabine Ritzkat, Rheinmetall

Papperger geht davon aus, dass alle Länder der westlichen Welt massiv aufrüsten müssen, um auf Angriffe vorbereitet zu sein. „Es war falsch zu glauben, dass es in Europa keinen Krieg mehr gibt, weil es Nuklearwaffen gibt." China und Russland hätten in den vergangenen Jahren massiv aufgerüstet, also müssten die demokratischen Staaten gegenhalten: „Die westliche Welt ist für einen konventionellen Krieg nicht gerüstet."

Während er vor einem Jahr gegenüber unserer Redaktion gesagt hatte, er hielte eine Rückeroberung der durch Russland eroberten Gebiete in der Ukraine für denkbar, wenn sie 600 bis 800 westliche Panzer erhalten würde, ist Papperger nun deutlich pessimistischer: Es sei denkbar, dass der Aggressor den Krieg gewinne. Alles hänge davon ab, dass die Ukraine insbesondere mit Artillerie stark unterstützt werde. „Wir werden dieses Jahr alleine rund 100.000 Schuss liefern. Wenn die Kampfbereitschaft der Ukraine bleibt, kann sie sich noch lange wehren." Russland setze dagegen darauf, die Truppen des überfallenen Landes mit einem Dauerbeschuss zu zermürben.

Papperger gab sich eher gelassen dazu, dass Extremisten am Montag einen Brandanschlag auf eine Gartenlaube seines Zweit-Hauses bei Celle verübt hatten, wo er früher in der Nähe des Rheinmetall-Hauptwerkes Unterlüß gewohnt hatte. „Ich war nicht drin. Ich kann da nichts dran ändern. Es gibt eben einige Verrückte in der Welt." Er gab sich dankbar dafür, Personenschutz vom Staat zu haben, eine Reihe an Polizisten sicherte den Eingang zu der Veranstaltung ab, bevor er kam. „Ich bin der Bundesrepublik Deutschland dankbar für diesen Schutz."

Für die Zukunft setzt der Vorstandschef auf eine Reihe an Projekten.

Mit einem neuen Werk bei Unterlüß sowie Anlagen in Rumänien, Litauen und anderen Ländern werde Rheinmetall die Kapazität zum Bau von Artilleriemunition von früher 70.000 Stück pro Jahr auf 1,1 Millionen erhöhen. Der Gewinn dabei sei hoch, weil die Mengen immer stärker ansteigen, neue Werke würden aber nur gebaut, wenn es feste Aufträge gibt. „Wir wollen fünf Jahres-Verträge. Wir gehen keine Risiken ein, dass es keinen Return-on-Invest gibt." Ergebnis wird sein, dass Rheinmetall seine Position als führender Munitionshersteller Europas massiv ausbauen werde. Man baue eine Pulverproduktion von 11.000 Tonnen im Jahr auf, selbst das größte Werk in den USA habe nur eine Kapazität von 4000 Tonnen.

Der Rheinmetall-Chef hofft, in den USA den Auftrag zum Bau eines neuen Schützenpanzers zu erhalten. Das könne ein Geschäft von 45 Milliarden Dollar bringen. Um im größten Markt der Welt für Rüstungsgüter wachsen zu können, schauen sich die Düsseldorfer gleichzeitig nach Übernahmezielen um. „Wir sind in den USA viel zu klein." Es sei bereits ein großer Erfolg, dass Rheinmetall vom US-Rüstungskonzern Lockheed den Auftrag erhalten habe, für den künftigen Kampfjet F15 in Weeze am Niederrhein die Mittelteile zu bauen.

In Europa setzt Papperger ebenfalls auf Zukäufe und sowie auf Gemeinschaftsprojekte, um neue Waffensysteme zu entwickeln. „Man könnte ein europäisches Systemhaus aufbauen mit einem Umsatz von 30 bis 35 Milliarden Euro", sagte er. Kern einer solchen Strategie seien deutsch-französische Vorhaben wie die Entwicklung des neuen Kampfpanzers MGCS, das Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) soeben mit seinem französischen Amtskollegen bekräftigt hat. Papperger sagte, er wolle, dass das Unternehmen ein World-Wide-Player werde, weitere Zukäufe könnten gut finanziert werden.

Rheinmetall wird für das Nachfolgemodell des Leopard voraussichtlich den Schützenturm, die Kanone sowie die Zielsysteme entwickeln und bauen - Papperger erwartet, dass neue Computersysteme und Künstliche Intelligenz dabei eine große Rolle spielen werden. Ob irgendwann Waffen eingesetzt werden, bei denen ein Rechensystem selbstständig entscheide, ob geschossen werde, müsse die Politik entscheiden. Von Menschen ferngesteuerte Artilleriesysteme werden bereits entwickelt.

Der 61-jährige Vater von zwei erwachsenen Töchtern bestätigte, im März gut 10.000 Aktien des Unternehmens im Wert von rund fünf Millionen Euro verkauft zu haben. Er habe dies aber nicht gemacht, weil er nicht mehr an einen steigenden Aktienkurs glaube, sondern um einen privaten Immobilienkauf zu finanzieren („Ich mag Schulden nicht so gern"). Ein „Vielfaches" an Papieren halte er noch. Insgesamt hält Papperger laut Konzernangaben 160.000 Papiere des Konzerns, was einem Wert von rund 80 Millionen Euro entspricht. Elf Jahre, nachdem er Vorstandschef wurde, ließ er offen, wie lange er den Konzern noch leiten wird, zeigte sich aber alles andere als amtsmüde: „Wir müssen Verantwortung übernehmen."

Papperger lobte die Bundesregierung für ihre Unterstützung der Ukraine. Wenn jeder Staat Europas dem Land so viel helfen würde wie Deutschland, wäre sehr viel gewonnen. Berlin müsse sich darauf einstellen, den Verteidigungsetat ab 2026 von bisher rund 50 Milliarden Euro auf rund 80 Milliarden Euro zu erhöhen, weil dann das Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro verbraucht sei. Papperger: „Wenn diese 30 Milliarden nicht investiert werden in Deutschland, dann wird die Zeitenwende scheitern."

Zum Dauerstreit in der deutschen Politik, ob Deutschland den Marschflugkörper Taurus an die Ukraine liefern solle, sagte er, Rheinmetall sei direkt von dem Thema nicht betroffen. Aber eine echte Wende im Kriegsverlauf werde das System nicht bringen, weil die Taurus-Flugkörper „in kürzester Zeit verschossen" seien. Deutschland hat rund 600 Taurus-Marschflugkörper, von denen rund die Hälfte als einsatzfähig gilt.