Sonys frecher Gitterpreis und Canons APS-C-Trick - Fotonews der Woche 18/2024

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Kameras sind Softwareprodukte. Wer diese Kolumne ständig verfolgt, hat den Satz schon mehrfach gelesen, aber er lässt sich auch in dieser Woche nicht vermeiden. Bedanken kann man sich für die Wiederholung bei Sony, welche das Prinzip nun ziemlich überreizt haben. Denn seit Kurzem gibt es in den USA und Kanada das kostenpflichtige Update für eigene Gitternetzlinien zum Hochladen in die Kamera.

Man muss sich, was da technisch passiert, vor dem möglichen Nutzen vergegenwärtigen: Für 149 US-Dollar plus Steuern kann man bis zu vier PNG-Dateien in die Sony A1, A7s III, A7 IV oder A9 III laden. Die Alpha zeigt die Inhalte - vornehmlich wohl Gitternetzlinien - im Sucher, dem Display und extern per HDMI dann als Overlay an. Sonst passiert dabei nichts, es ist nur eine Einblendung über dem Bildinhalt, eine trivial zu programmierende Funktion. Vor allem angesichts dessen, was moderne Kameras sonst so alles an Echtzeitdaten anzeigen können.

Bereits Ende 2023 hatte Sony angekündigt, dass eigene Gitternetzlinien kostenpflichtig werden, und nun kann man die Lizenz für das bisschen Software auf den Sony-Seiten auch buchen. Wer die Funktion bisher nicht vermisst hat, wird sie auch jetzt nicht brauchen, für einige hoch spezialisierte Fotografen wird sie unverzichtbar sein. Wie Sony auf der Produktseite selbst zeigt, sind das Menschen, die viele gleich aufgeteilte Fotos in kurzer Zeit erstellen müssen: für Jahrbücher einer Schule, Foto-Boxen bei Veranstaltungen, feste Szenen im Studio und so fort.

Das trifft also nicht die Superprofis von Agenturen und großen Medien, die einfach viel Material schießen und den Beschnitt ihrem Team überlassen können. Sondern vielmehr werden wohl viele Soloselbstständige für die simple Funktion bezahlen, die sich dadurch etwas Arbeitszeit ersparen. Auch die haben das Geld für die Gitternetzlinien schnell wieder verdient, es erscheint trotzdem frech, so eine simple Funktion nicht gleich mit anzubieten.

Andere Firmen, die sich mit neuartigen Geräten für neue Einsatzbereiche etablieren müssen, sind da spendabler. Paradebeispiel ist Nikon mit seinem verlustfreien digitalen Zoom beim Filmen und der Fokusfalle alias "Auto-Capture", welche beide als kostenloses Update zur Verfügung gestellt wurden. Ob das nach der Übernahme von Red noch so bleibt, kann derzeit nur gehofft werden.

Sonys neue Upgrade-Politik hat im Übrigen auch viel mit Filmen zu tun, denn kostenpflichte Funktionsupdates sind für die Camcorder und für große Kameras in der Filmproduktion schon lange Standard. Es scheint, als wolle das Unternehmen die Schmerzgrenze der Nutzer jetzt etwas austesten. Es liegt bei diesen, ob sich die Strategie etablieren kann. Wenn das gelingt, ziehen andere Hersteller sicher mit.

Blickwechsel von der Zukunft in die jüngste Vergangenheit: Was die moderate Öffnung von Canon bei Objektiven für das RF-Bajonett wirklich bedeutet, wurde in dieser Woche in zahllosen Kommentaren diskutiert. Den meisten Beobachtern fiel dabei sofort auf, dass es von Sigma und Tamron nur APS-C-Optiken für den RF-Mount geben wird. Zum Beispiel im Petapixel-Podcast wurde dann auch darauf hingewiesen, dass Canon das viele Geld für Vollformat-Objektive für Profis lieber selbst verdienen will.

Es ist also, leicht überspitzt, nur ein Feigenblatt nun zu behaupten, dass Canon das RF-System "geöffnet" hätte. Da beispielsweise bei Tamron für 2024 noch einige Vollformat-Optiken auf der Roadmap stehen, und dieses Unternehmen nun auch mit Nikon zusammenarbeitet, bleibt die Lage der "Fremdobjektive" spannend. Insbesondere, weil Canon sich offiziell über Nikons Kauf von Red gefreut hat - die beiden Konkurrenten müssen wohl oder übel zusammenarbeiten.

Da Sony in dieser Woche schon so frech war, dürfen wir das auch: Die Empfehlung für den Long Read zum Wochenende ist die neue Ausgabe unseres Heftes c't Fotografie. Und zwar nicht aus schamloser Eigenwerbung, sondern aus Überzeugung des Kolumnisten. Denn die Themenvielfalt und die Tiefe der Artikel sind diesmal besonders gelungen. So bunt wie das Titelbild eben. Allein schon der aufwendige Test der Sony A9 III in Labor, Natur und bei einem Konzert oder das ausführliche Interview mit Reuters-Fotograf Kai Pfaffenbach samt seiner Bilder lohnen einen Blick. Und das Titelthema zum Fotografieren auf Festen kann nun wirklich jeder brauchen, der den Satz kennt: "Hast du deine Kamera dabei?" Also schlicht jeder engagierte Fotograf.

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