Orang-Utans: Diese Affen können etwas, was bisher nur Menschen machten - WELT

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Im Regenwald von Suaq Balimbing auf der Insel Sumatra sitzt ein Orang-Utan-Männchen in einer Baumkrone und bietet keinen schönen Anblick: Unter seinem linken Auge hat er eine große, klaffende Wunde, die Haut ist weg. Und glücklich sieht der Menschenaffe, den seine menschlichen Beobachter Rakus getauft haben, damit auch nicht aus, er bewegt sich nur sehr, sehr langsam.

Allerdings auch zielgerichtet: Eine bestimmte Liane scheint ihn zu interessieren, Botaniker nennen sie Fibraurea tinctoria. Auch bei Apothekern ist sie weltweit bekannt, wegen ihrer schmerzstillenden Inhaltsstoffe.

Und dann geschieht es, das Unglaubliche: Rakus nimmt die Blätter, zerkaut sie und trägt erst den Saft wie eine Salbe auf die offene Stelle auf, immer wieder, bastelt sich dann aus den zerkauten Blättern eine klebrige Wundauflage, wie ein Pflaster.

Pflanzenkundiger Affenmann

Orang-Utan Rakus macht sich eine Wundauflage mit Fibraurea tinctoria-Blättern

Quelle: Youtube/MPI

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Es sei, schreiben die Kognitionsbiologen des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie in Konstanz und der indonesischen Universitas Nasional, das erste Mal, dass so ein Verhalten bei einem Tier, bei einem Menschenaffen beobachtet worden ist.

Passiert ist die Szene bereits 2022, nun berichten die Forscherinnen Isabelle Laumer und Caroline Schuppli im Fachmagazin „Scientific Reports" davon. Seit 1994 beobachten deutsche Biologen die wilden, rotpelzigen Baumkletterer von Suaq Balimbing.

Das ist ein unter Schutz stehender Regenwald, torfige, mit Riesenbäumen bestandene Sümpfe, in denen rund 150 Orang-Utans leben. Sie gehören zu der vom Aussterben bedrohten Sumatra-Art.

Der verletzte Rakus, noch ohne Pflaster

Quelle: Armas / Suaq Project

„Bei der täglichen Beobachtung fiel uns auf, dass Rakus eine Gesichtswunde erlitten hatte, höchstwahrscheinlich während eines Kampfes mit einem benachbarten männlichen Artgenossen", sagt Laumer in einer Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts.

Die Blätter der Liane enthalten exakt das, was Ärzte in so einem Fall empfehlen würden: Eine Art Baum-Aspirin mit bakterizider Wirkung, nicht nur schmerzlindernde, sondern vor allem auch entzündungshemmende und desinfizierende Substanzen.

Hunde, Mäuse, Schimpansen

Selbstmedikation mit Pflanzen ist bei Tieren bekanntermaßen weitverbreitet. So wie Hunde Gras oder Mäuse Mäusekot fressen, wenn sie Darmprobleme haben, essen die nächsten Verwandten des Menschen, die Menschenaffen, Pflanzen als Wurmkuren.

Es wurde auch schon beobachtet, dass sie Pflanzen auf der Haut zerreiben, um Muskelkater zu behandeln. Die Max-Planck-Forscher verweisen auf eine Schimpansengruppe in Gabun, die Insekten auf Wunden auftrug. Zu welchem Zweck ist bisher nicht geklärt.

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Das, was Rakus tat, geht noch mehr in Richtung Pharmakologe: Er bereitete sich eine biologisch aktive Substanz zu, die auch Menschen aus der Apotheke der Natur gewinnen. Orang-Utans sind Pflanzenfresser, nehmen den ganzen Tag Blätter zu sich. Was die Lianen in Sachen Betäubung vermögen, ist leicht zufällig zu merken.

Der Saft dieser Blätter, würden sie versuchsweise genascht und tropfen, würde bei Kontakt mit einer Wunde sofort den Schmerz ausschalten. Eine intellektuelle Leistung ist es, diese Wahrnehmung in ein pharmakologisches Produkt, nämlich eine Wundauflage, zu verwandeln.

Die Liane wird laut Laumer in der traditionellen Medizin Indonesiens ebenfalls als Schmerzstiller eingesetzt, außerdem um Fieber zu senken und gegen Malaria.

Arzneiliane mit Blüten

Quelle: Samuel Lee - https://www.inaturalist.org/photos/186873029

Rakus war ein guter Arzt für sich selbst: Trotz der großen Fläche entzündete sich seine Wunde nicht, und obwohl ein ganzes Stück Haut fehlte, war sie schon nach fünf Tagen wieder geschlossen. Wirklich nur die Wirkung der Liane? Rakus hätte sich auch mehr ausgeruht als sonst. „Schlaf wirkt sich positiv auf die Wundheilung aus, da die Freisetzung von Wachstumshormonen, die Proteinsynthese und die Zellteilung im Schlaf gesteigert ist", erklärt Laumer.

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Zweifel, dass Rakus' Verhalten Absicht war, einem klaren Plan folgte, hat sie nicht. Weil er sich gezielt und ausschließlich um die Wunde kümmerte, und das mehrfach wiederholte. „Der gesamte Prozess hat viel Zeit in Anspruch genommen", sagt Laumer.

Für Caroline Schuppli ist es ein Blick auf die evolutionären Ursprünge der Wundmedikation. In einem medizinischen Manuskript aus dem Jahr 2200 vor Christus sei erstmals Wundbehandlung bei Menschen erwähnt, Reinigen, Pflastern und Verbinden von Wunden mit bestimmten wirkstoffhaltigen Materialien.

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„Da Formen der aktiven Wundbehandlung nicht nur beim Menschen vorkommen, sondern auch bei afrikanischen und asiatischen Menschenaffen zu finden sind, kann es einen gemeinsamen zugrundeliegenden Mechanismus für die Erkennung und Anwendung von Substanzen mit medizinischen oder funktionellen Eigenschaften auf Wunden geben." Schuppli nennt es „Salbenverhalten" - bei einem gemeinsamen menschenäffischen Vorfahren.