Dümmer werden mit KI: Die Lese-Empfehlungen der Woche aus der Wissenschaftsredaktion des SPIEGEL

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Gruselige Katzenmumien in Hauswänden? Körperteile, die plötzlich in Kirchen auftauchten? Schaurige Funde auf ehemaligen Richtstätten? In den vergangenen Jahren habe ich mich immer wieder mit rätselhaften archäologischen Funden und Deutschlands düsteren Geheimnissen beschäftigt. Kaum eines hat mich so elektrisiert wie der Himmelsbergstollen  im rheinland-pfälzischen Zweibrücken, über den wir in der vergangenen Woche berichteten.

Seit Jahrzehnten versuchen Historiker und andere Wissenschaftler herauszufinden, wer die gewaltige Anlage wann und zu welchem Zweck errichtet hat. Insofern war ich erstaunt über die Mail, die mir der Leser Daniel M. nun schrieb.

Himmelsbergstollen in Zweibrücken: Weiß ChatGPT, wer ihn gebaut hat?

Foto: Stella Costa / DER SPIEGEL

Seine Nachricht lautete: »Sehr geehrter Herr Kleinhubbert, der Himmelsbergstollen wurde von den Franzosen während ihrer Besatzungszeit in der Pfalz im späten 18. Jahrhundert angelegt. Er diente ursprünglich als Lager- und Versorgungsstätte für die Truppen.«

Oha, dachte ich bei mir, da ist sich aber jemand seiner Sache sehr sicher! Sollte M. das Mysterium gelöst haben? So schrieb ich dem Herrn zurück und fragte, woher er das denn so genau wisse. Ohne einen Hinweis auf Ironie antwortete er: »Ich habe ChatGPT befragt. Beim Nachfragen benannte mir die Maschine, dass sie verschiedene Quellen habe, z. B. Archivzugang.«

Ich gebe zu, dass mich das nicht überzeugte - und ehrlicherweise auch ein wenig schockierte. Machen das jetzt viele so, um Antworten auf wissenschaftliche Fragen zu finden?

Plötzlich war ich Gründungsdirektor

Ich bin kein Experte in Sachen KI, aber noch scheint mir das alles ziemlich in den Kinderschuhen zu stecken. Ich würde daher erst einmal gar nichts glauben, was die Programme so recherchieren, selbst dann nicht, wenn es mir schmeichelt.

Als ich dem KI-Assistenten Microsoft Copilot kürzlich die Frage stellte, wer Guido Kleinhubbert ist, schrieb er zwar korrekt, dass ich für den SPIEGEL schreibe. Dass ich »neben der journalistischen Arbeit« auch »Gründungsdirektor des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte in Jena« bin, war mir allerdings neu. Auch das Amt als »Direktor am Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig« wurde mir meines Wissens nach noch nicht angetragen. Das sollte aus fachlicher Hinsicht auch besser bei einem Mann bleiben, über den wir ebenfalls vor einigen Tagen berichteten: Johannes Krause. 

Herzlich

Ihr Guido Kleinhubbert

Außerdem empfehle ich Ihnen:

  • Kommunikation: Wer für andere ein offenes Ohr hat, ist erfolgreicher, glücklicher und versteht die Welt besser. Das ist wissenschaftlich belegt. 

  • Klimawandel: Dem Panamakanal droht nach der Trockenheit die nächste große Gefahr: Superstürme könnten die für den Welthandel so wichtige Wasserstraße zerstören. 

  • Geschichte: Eine Ausstellung zeigt ein mysteriöses Endzeitbuch, in das sich einst Könige und Päpste eintrugen. Historiker vermuten, dass sich die mittelalterliche Elite einen guten Platz im Jenseits sichern wollte. 

  • Mobilität: In Äthiopien sollen die Bewohner ab sofort nur noch Elektroautos kaufen. Einige fahren sogar schon Luxus stromer von VW, die in Deutschland noch gar nicht erhältlich sind. 

  • Boeing: Erst im März war ein Insider tot aufgefunden worden, der gegen den Flugzeugbauer Vorwürfe erhoben hatte. Jetzt starb ein weiterer. Was über den Tod des Mannes bekannt ist. 

  • Wolfsschanze: Ein deutsch-polnisches Team hat bei Ausgrabungen im Haus des ehemaligen Reichsmarschalls Hermann Göring die Überreste mehrerer Menschen entdeckt. Allen Leichen fehlten Hände und Füße. 

  • Menstruation: Wer mit starken Regelschmerzen zum Gynäkologen geht, bekommt oft zu wenig Hilfe, sagt Endometriose-Spezialistin Sylvia Mechsner .

Foto: Jan Hetfleisch / Getty Images

Der Kirchturm im Südtiroler Reschensee gilt als beliebtes Fotomotiv, doch die Geschichte dahinter ist wenig idyllisch. Er blieb als einziges Bauwerk des Dorfes Graun zu sehen, nachdem das Gewässer im Sommer 1950 aufgestaut worden war. Bald werden weitere Gebäudereste sichtbar werden, denn derzeit wird der See weitgehend trockengelegt. Grund ist der Bau einer neuen Straße. Die alte, etwas höher gelegene soll nicht mehr benutzt werden, weil dort die Gefahr von Steinschlag wächst. Grund ist die Klimaerwärmung, durch die der Permafrost schwindet. Das lässt den Hang rutschen.

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