Propalästinensische Proteste: Polizei löst Besetzung an Pariser Universität Sciences Po auf

→ Оригинал (без защиты от корпорастов)

In Paris wurde eine propalästinensische Sitzblockade aufgelöst. An der Berliner Humboldt-Universität gab es nach "volksverhetzenden Aufrufen" einen Polizeieinsatz.

Aktualisiert am 3. Mai 2024, 17:44 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, AFP, Reuters, mga

Ihr Browser unterstützt die Wiedergabe von Audio Dateien nicht. Download der Datei als mp3: https://zon-speechbert-production.s3.eu-central-1.amazonaws.com/articles/307cb9a1-3805-40ba-98fd-a0706f15638b/full_213148f51555b56ae4bcc39a59e3326e3cf49416a7a556d189e8cc6f4655e19bb3512863d676f5b6fe00e8fcd2a19e47.mp3

260 Kommentare Propalästinensischer Protest von Studierenden in Paris © Miguel Medina/​AFP/​Getty Images

Die Pariser Polizei ist gegen einen propalästinensischen Protest auf dem Campus der renommierten Universität Sciences Po vorgegangen. Sicherheitskräfte drangen in ein Gebäude ein, um eine Besetzung durch Studierende zu beenden. An der Besetzung und einem Sitzstreik sollen sich rund 70 Personen beteiligt haben. Sie wurden durch Einsatzkräfte abgeführt. Medienberichten zufolge verlief die Räumung weitgehend gewaltlos.

Die Universität war zuvor für den Freitag geschlossen worden. Nach Spannungen wegen der Proteste wurde der Unterricht auf Onlinebetrieb umgestellt. Die meisten Gebäude blieben geschlossen, rund um das Hauptgebäude gab es eine hohe Polizeipräsenz.

Sciences Po ist Zentrum antiisraelischer Studentenproteste

Am Donnerstagabend hatten etwa 100 Studierende für eine friedliche Sitzblockade an der Hochschule gestimmt. Sicherheitskräfte lösten ein Protestlager mit etwa 300 Studierenden auf, die Zelte aufgestellt hatten. Im Gegensatz zu einigen Universitäten in den USA verlaufen die Proteste in Frankreich überwiegend friedlich.

Die Sciences Po gilt als das Zentrum französischer Studierendenproteste gegen den Gaza-Krieg und die akademischen Beziehungen zu Israel. Sechs Studierende kündigten an, sich mit einem Hungerstreik dafür einzusetzen, dass eine Arbeitsgruppe eingerichtet wird, um die Beziehungen zwischen der Eliteuniversität und israelischen Hochschulen zu überprüfen. In einer zweistündigen Debatte hatte ein Vertreter der Hochschulleitung jedoch gesagt, dass eine solche Überprüfung nicht infrage komme.

Im Anschluss an die Debatte sagte die Universitätsdirektion, man wolle darüber nachdenken, wie die Hochschule sich ganz grundsätzlich zu politischen Themen und Konflikten positioniere, und entsprechende Leitlinien erarbeiten. Die Universitätsleitung hoffe, dass Kurse und Prüfungen wie geplant abgehalten werden könnten und das Semester ruhig zu Ende gehe.

Hochschulministerin Sylvie Retailleau rief die Leitung der Sciences Po dazu auf, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten und dazu "alle Befugnisse einzusetzen", über die sie verfüge. Die französische Regierung erklärte mit Blick auf die Proteste, dass die Sicherheitsbehörden einschreiten müssten, wenn die Konflikte an den Hochschulen nicht im Dialog beigelegt werden könnten.

Proteste an Berliner Humboldt-Universität

Auch an der Berliner Humboldt-Universität versammelten sich erneut Studierende zu propalästinensischen Protesten. Laut Polizeiangaben demonstrierten etwa 90 Menschen im Innenhof des Campus Mitte bei einem nicht angemeldeten Sit-in. Weitere Unterstützer befänden sich vor dem Gebäude, insgesamt seien es etwa 300 Demonstrantinnen und Demonstranten.

Bei der Sitzblockade sei es auch zu "volksverhetzenden Aufrufen" gekommen, teilte die Polizei mit. Einzelne Teilnehmer seien deshalb zwecks Identitätsfeststellung "auch unter Anwendung von Zwang" zu den Einsatzfahrzeugen gebracht worden. Nach Angaben der Beamten behinderten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Zugang zum Hauptgebäude und lehnten eine Verlegung der Kundgebung an einen anderen Ort ab.

Zum Protest im Ehrenhof hatte die Gruppe Student Coalition Berlin aufgerufen. Diese veröffentlichte auf Instagram Bilder der Protestaktion. Die Aufnahmen zeigten unter anderem teils maskierte und skandierende Menschen. Die Gruppierung rief nach eigenen Angaben zu einem "Massen-Sit-in" auf, um damit unter anderem für einen "akademischen Boykott" israelischer Hochschulen und die Anerkennung eines palästinensischen Staates einzutreten.

Hochschulpräsidentin Julia von Blumenthal war vor Ort im Gespräch mit den Studierenden. Sie bot ihnen für den Fall einer friedlichen Beendigung ihres Protestes die Organisation einer Podiumsdiskussion an. Dabei habe sie klargemacht, dass der Austausch "kontroverser Meinungen" zum Wesen einer Universität gehöre, "aber nicht brüllend und mit Megafonen geführt" werde.

Unterdessen stieg die Zahl der Festnahmen im Zusammenhang mit antiisraelischen Protesten an US-Universitäten auf mehr als 2.000. Demonstrationen gab es unter anderem auf dem Campus der University of California in Los Angeles sowie an der Columbia University in New York. Auch an britischen Universitäten gab es propalästinensische Proteste.