Traditionsunternehmen meldet Insolvenz an: Zukunft der Mitarbeiter des Autozulieferers ungewiss

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Stand: 02.05.2024, 18:00 Uhr

Von: Mark Stoffers, Marcel Reich

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Die Pleitewelle in Deutschland trifft ein weiteres Traditionsunternehmen. Ein Schutzschirmverfahren soll die Rettung bringen.

Kitzingen - Die Insolvenzwelle in Deutschland nimmt immer dramatischere Ausmaße an. Insolvenzen sind zwar Teil des wirtschaftlichen Zyklus, doch die Unsicherheit der Mitarbeiter der betroffenen Unternehmen ist enorm. Dies zeigt sich auch bei den jüngsten Insolvenzen eines traditionsreichen deutschen Unternehmens aus Thüringen, eines Chemieherstellers aus Frankfurt und eines bekannten Versandhändlers, gegen den sogar strafrechtliche Ermittlungen laufen.

Die Insolvenz könnte laut Unternehmensangaben 695 Mitarbeiter betreffen. (Symbolbild) © IMAGO/Barbara Zabka

Insolvenz könnte 695 Mitarbeiter betreffen

Ein weiteres traditionsreiches Unternehmen aus Bayern, die Franken Guss GmbH & Co. KG mit Sitz in Kitzingen, hat ebenfalls Insolvenz angemeldet. Die Mitarbeiter wurden in einer Betriebsversammlung über die Situation informiert. Franken Guss ist ein Gießereibetrieb aus Unterfranken, der sich auf die Verarbeitung von Eisen und Aluminium spezialisiert hat. Das Unternehmen produziert wichtige Teile für die Herstellung von Elektrofahrzeugen und stellt zusammen mit der Schwester-Gießerei Sachsen Guss in Chemnitz auch Komponenten für die Windenergie, Schieneninfrastruktur und Wasserstofferzeugung her.

Die Insolvenz des fränkischen Traditionsunternehmens und Autozulieferers könnte laut Unternehmensangaben 695 Mitarbeiter betreffen. Das Unternehmen versucht jedoch, mit einem vorläufigen Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung gegenzusteuern. Ziel ist es, das Unternehmen durch ein sogenanntes Schutzschirmverfahren zu retten und neu aufzustellen.

Das Schutzschirmverfahren ist für Unternehmen geeignet, die zwar finanzielle Engpässe haben, aber noch nicht zahlungsunfähig sind, so die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Mazars. Rechtsanwalt Olaf Schubert erklärt auf seiner Homepage, dass das Schutzschirmverfahren ein Sanierungsverfahren unter Insolvenzschutz ist. Ziel ist es, den Antragsteller durch einen Insolvenzplan zu sanieren.

Gründe für die Insolvenz sind vielfältig

Durch die Insolvenz in Eigenverwaltung erhofft sich der Eisen- und Aluminiumgießer aus Bayern, dass „das Unternehmen in Eigenregie die Restrukturierung vorantreiben" kann, „die in Folge der seit mehreren Jahren aufeinander folgenden Mehrfachkrisen nötig wurde".

Die Gründe für die Insolvenz sind vielfältig. „In den vergangenen Jahren aufeinanderfolgender Krisen ist es nicht gelungen, sämtliche Kostensteigerungen über Material und Energie hinaus in richtiger Höhe und ohne nennenswerten Zeitversatz durchzusetzen und so eine annähernd ausreichende Eindeckung der Unternehmenskosten durch die Preise zu erzielen", so der Eisen- und Aluminium-Spezialist aus Unterfranken. Zudem ist der Markt für Elektromobilität durch den Wegfall der Kaufprämien um etwa 35 Prozent eingebrochen. „Gerade für diesen Markt hat Franken Guss in den letzten Jahren viel Geld in die Gießerei und die Bearbeitung investiert", so das Unternehmen.

IG Metall stellt nach Insolvenzantrag Forderungen an Politik

Die IG Metall hat sich in Folge des Insolvenzantrags mit einer klaren Forderung an die Politik gewandt. Insbesondere die „viel zu hohen Energiekosten" seien „zum erheblichen Teil für die Lage verantwortlich". Die Gewerkschaft fordert, „in Richtung örtliche Politik mitzuhelfen, um die Rahmenbedingungen für die Industrie so zu gestalten, dass die Arbeitsplätze in der Gießereibranche wieder zukunftsfähig gemacht werden können". „Die Politik muss zeigen, dass sie an den Industriestandort Deutschland glaubt."

„Wir richten unseren Blick nach vorne, um gute Arbeit mit Tarifbindung am Standort zu erhalten", sagt IG-Metall-Vertreter Norbert Zirnsak. Dies sei auch die Sichtweise des Betriebsrats bei Franken Guss. Der Betriebsratsvorsitzende Erich Mirnig sieht zudem „innerbetriebliches Handeln" als notwendig an. „Intern gilt es, die Weichen in der Firma Franken Guss so zu stellen, dass eine sichere Fahrt in die Zukunft möglich ist", so Mirnig. „Ziel muss es sein, die Bedingungen so zu gestalten, dass sie zukunftsfähig sind und die Menschen hier in Ruhe und ohne Zukunftsangst ihre Aufgaben erledigen können."

Geschichte des Unternehmens reicht 100 Jahre zurück

„Dazu wird die Franken Guss GmbH & Co. KG während der kommenden drei Monate in enger Abstimmung mit Stakeholdern und Beratern einen Restrukturierungsplan erarbeiten", kündigt das Unternehmen an. Der Plan wird die konkreten Maßnahmen zur Neuordnung des Geschäfts enthalten. Der Geschäftsbetrieb wird in vollem Umfang fortgesetzt. „Alle Leistungen werden unverändert erbracht", so das Unternehmen. „Geplant ist, die Sanierung binnen weniger Monate nachhaltig abzuschließen."

Die Geschichte des Traditionsunternehmens reicht über 100 Jahre zurück und hat seine Wurzeln im Jahr 1922. Das Unternehmen konzentriert sich hauptsächlich auf den Automobilbereich, insbesondere auf Pkw und Nutzfahrzeuge. Es stellt Bauteile aus Eisen- und Aluminiumguss her, mit einer Spezialisierung auf Antriebe und Motoren sowie für das Fahrwerk und die Lenkung.