BSW: „Frau Wagenknecht soll gewählt werden. Ob sie nun kandidiert oder nicht" - WELT

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Veröffentlicht am 25.04.2024 | Lesedauer: 4 Minuten

BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht bei der Vorstellung der EU-Wahlkampagne ihres Bündnisses

Quelle: dpa

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Das Bündnis Sahra Wagenknecht setzt in seiner ersten Wahlkampagne voll auf seine Namensgeberin und Vorsitzende - obwohl die nicht selbst zur Wahl steht. Wagenknecht setzt sich mit scharfen Worten von der Konkurrenz ab, von den Grünen bis zur AfD. Programmatisch gibt es aber noch große Lücken zu füllen.

Sahra Wagenknecht lächelt bald von Wahlplakaten in ganz Deutschland - doch auf den Wahlzetteln wird sie nicht zu finden sein. Das nach ihr benannte Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) setzt in der am Mittwoch vorgestellten Kampagne zur Europawahl voll auf ihre Gründerin und Namensgeberin.

Auf den Großplakaten zeigt die Partei Fotos der ehemaligen Linke-Politikerin, ergänzt durch Slogans im einfachen A-oder-B-Format: „Abstieg oder Aufbruch?" - „Gier oder Gerechtigkeit?" - „Krieg oder Frieden?" - „Maulkorb oder Meinung?"

Es sei „klug und vernünftig", auf Wagenknecht zu setzen, erklärt Co-Parteichefin Amira Mohamed Ali. Schließlich würden viele Menschen etwas ihr „verbinden". Eine übliche Mischung zwischen Themen- und Personenplakaten gibt es nicht.

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Eine Tour über Deutschlands Marktplätze bildet den Kern der Wahlkampagne. In 20 größeren Städten sollen Wagenknecht sowie die Spitzenkandidaten Fabio De Masi (früher Linke-Politiker) und der ehemalige Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel (früher Sozialdemokrat) bis zur Wahl im Juni auftreten. Das große Finale soll auf dem Berliner Alexanderplatz kurz vor der Wahl stattfinden.

Auch De Masi (Titel auf dem Wahlplakat: „Cum-Ex-Jäger") und Geisel werden auf jeweils einem Plakat-Motiv zu sehen sein. Ungefähr drei Millionen Euro werde die EU-Wahlkampagne kosten, hieß es. Das im Januar gegründete BSW wird erstmals auf den Wahlzetteln stehen - intern gilt ein einstelliges Ergebnis als Niederlage. Derzeit steht die Partei in Umfragen zur Europawahl bei fünf bis sieben Prozent.

EU-Spitzenkandidat Fabio De Masi (BSW)

Quelle: dpa

Sie wolle ein „selbstbewusstes und souveränes Europa", so Co-Parteichefin Wagenknecht am Mittwoch. Die Nähe zu Lobbyisten, Wirtschafts- und Finanzunternehmen in der Europäischen Union müsse enden. Im Wahlprogramm formuliert das BSW eine Abkehr von den USA. In der EU sieht es vor allem einen überbordenden, übergriffigen Bürokratieapparat.

Die BSW-Liste hingegen sei „authentisch, seriös und nicht käuflich", so Wagenknecht. Man wolle den Wählern eine demokratische Alternative zur Ampel bieten - „ohne eine Partei wählen zu müssen, in der es Neonazis und Rechtsextremisten gibt", hieß es in Richtung AfD. Vom „Blackrock-Kapitalismus" der CDU, dem „Malochen bis zum Tod" der FDP oder der „grünen Gängelungswut, die die Wirtschaft abwürgt", grenze das BSW sich ab.

„Wer ist schon für Krieg?"

Die vorgestellte Plakatkampagne sei „hochwertig und professionell", sagt Marcus Maurer, Professor für Kommunikationswissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Früheren Kampagnen der AfD oder der Linken habe man das fehlende Budget deutlicher angemerkt.

Dennoch sei eine „strategische Ambiguität" in der Kampagne festzustellen. „Wer ist bei ‚Krieg oder Frieden?' schon für Krieg?", so der Kommunikationswissenschaftler. „Man wirbt mit allgemeingültigen Floskeln, ohne deutlich zu machen, was man genau möchte." Das BSW setze auf „Personalisierung und einfache Schlagworte", so Maurer zu WELT. „Das zentrale Argument ist: Frau Wagenknecht soll gewählt werden. Ob sie nun kandidiert oder nicht."

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Damit offenbart die Kampagne einen zentralen Vorteil der Partei: Wagenknecht ist sehr bekannt. Zwar soll nach der Bundestagswahl 2025 - bei der mutmaßlich auch Wagenknecht kandidieren wird - der Name der Partei geändert werden. Noch setzt man aber voll und ganz auf ihre Person. Wagenknechts Popularität verhilft der gerade erst gegründeten Partei zu teils zweistelligen Umfragewerten in Sachsen oder Thüringen. Sogar über eine Regierungsbeteiligung nach den dortigen Landtagswahlen im Herbst wird schon spekuliert. Am BSW führt dort womöglich kaum ein Weg vorbei.

Doch es gibt ein Problem: Ein Programm liegt bisher in keinem der Länder vor. Man erarbeite diese gerade, heißt es von den Länderbeauftragten. Es gehe allerdings um einen neuen Politikstil, „statt vor den Wahlen mit großen Versprechen um uns zu werfen", erklärte Thüringens BSW-Chef Steffen Schütz kürzlich im WELT-Interview. Um „Vernunft und Wahrhaftigkeit" - weitestgehend frei interpretierbare Floskeln.

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Zurzeit lebt das BSW jedenfalls von der Projektionsfläche Wagenknecht - und einem Raunen nach Frieden in der Welt. Denn in Europa, so Wagenknecht am Mittwoch, dominiere wieder die „Sprache des Krieges". Die EU müsse wieder eine „Friedenskraft" werden. Zuletzt erregte Wagenknecht Aufmerksamkeit durch den Vorschlag, Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) könne in Moskau doch Vorverhandlungen für Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine führen. Im Bundestag wetterte die Partei gegen Taurus-Lieferungen an die von Russland überfallene Ukraine; auch ein „Waffenembargo gegen Israel" beantragte die BSW-Gruppe im April.

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