Bei seinem Europa-Besuch verfolgt Xi ein knallhartes Kalkül - mit Spaltungspotential

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Präsident Xi reist nach Europa- und verfolgt dabei eine klare politische Agenda: China will die EU von den USA lösen und enger an sich binden. Das könnte weitreichende Folgen haben.

In den letzten Wochen reisten eine Vielzahl von Regierungschefs aus der EU nach China, darunter der deutsche Bundeskanzler neben Belgien, den Niederlanden und Italien.

Präsident Xi auf Europa-Reise

China verstand diese Besuche als europäisches Anliegen, die schwächelnde EU-Wirtschaft durch die Zusammenarbeit mit China wieder in Schwung zu bringen. Parallel lobten chinesische Kommentatoren, freilich nicht ohne drohenden Unterton, dass sich die EU auf diesem Weg von den USA emanzipiert. Denn das geopolitische Hauptinteresse Chinas an der EU ist die Loslösung aus den intensiven Beziehungen zu den USA. Die USA alleine, also ohne die unterstützende Marktbedeutung und Wirtschaftskraft der EU, sieht aus Chinas Blickwinkel schon viel deutlicher als die Weltmacht im Niedergang aus, für die sie die chinesische Führung sowieso hält.

Nun verlaufen die Reisen in die andere Richtung. Präsident Xi wird bei seiner Reise nach Europa drei Staaten besuchen: Ungarn, Serbien und Frankreich. Die Auswahl überrascht nicht. Ungarn steht nicht nur Russland, sondern auch dessen Hauptunterstützer China nahe und sieht Überschneidungen mit dem chinesischen und russischen Verständnis von „Demokratie" sowie der völkischen Ideologie. Serbien steht Russland ebenso nahe und gilt China als der wichtigste Staat auf dem Balkan, eine Region, in der China mit der EU um Einfluss konkurriert.

Frankreich ist zwar nicht der bedeutendste Wirtschaftspartner Chinas in der EU, dafür aber anfällig für die Idee von der strategischen Autonomie der EU, worunter Frankreich ein wenig und China sehr deutlich die Abkehr von den USA versteht.

Ungarn bandelt mit China an

Deswegen beginnt Xi seine Europareise am 5. Mai auch in Frankreich. Neben den politischen Schmeicheleien werden Wirtschaftsabkommen auf dem Programm stehen. Serbien ist für China nicht nur ein wichtiger Anker für die Neue Seidenstraße in Europa, sondern angesichts der Nähe des Landes zu Russland auch politisch interessant. In Ungarn werde man, so schreiben chinesische Medien, die Beziehungen auf ein neues Level erhöhen. Ungarns Außenminister hat gerade erst einen Besuch in China abgestattet, der aus chinesischer Sicht mit der gebotenen Demut stattfand: Man solle nicht so kritisch auf China schauen, konstatierte er.

Europa, so die Quintessenz der chinesischen Erwartungen an Xis Besuch und die Reaktion darauf, könne nur dann ein verantwortlicher Partner in der internationalen Ordnung sein, wenn es die wirtschaftliche Zusammenarbeit und den Handel mit China offen wie bisher weiterführt. Die Vorbehalte gegen chinesische Überproduktionen und vor allem gegen die Elektroautos aus China seien unbegründet, heißt es dort. Das erstaunt nicht, denn neben der gewünschten Distanz der EU-Staaten zu den USA strebt China die enge wirtschaftliche Verflechtung, am liebsten in Form von Abhängigkeit, an.

Deswegen wird Xis Besuch nicht nur in den anderen europäischen Staaten, sondern auch in den USA mit großer Aufmerksamkeit verfolgt werden. Die Haltung Serbiens und Ungarns werden dabei von zweitrangiger Bedeutung sein, auch wenn das Störpotential Ungarn in der EU immer wieder genutzt wird. Besonderes Augenmerk wird auf dem Besuch in Frankreich liegen. Präsident Macron hat in den letzten Wochen einige bemerkenswerte Positionen vertreten.

Die chinesische Elite sieht die EU und die USA im wirtschaftlichen Abstieg

Besonders gut kam dabei in Peking seine zweite Rede an der Sorbonne an. Mit jeder Erwähnung von „strategischer Autonomie der EU" wird für Präsident Xi seine Reise nach Frankreich gewinnbringender. Dass China in irgendeiner Weise dazu beiträgt, die größte Sicherheitsbedrohung der EU seit Jahrzehnten, den Krieg Russlands gegen die Ukraine zu beenden, braucht man hingegen nicht zu erwarten. Der kommt Xi nicht ungelegen. Ebenso wie der Krieg im Nahen Osten, der Iran noch enger an China gebunden hat.

China lässt seine engen Verbündeten rund um die EU militärisch Krieg führen, indem es nichts tut, sie zu unterbinden. Es selbst führt schon länger einen hybriden, auf wirtschaftliche Überlegenheit abzielenden Krieg gegen die EU-Staaten. Anreize über Investitionen und Strafe, wie es Litauen mit Handelsentzug erfahren hat, werden dabei parallel eingesetzt.

Die chinesische Elite sieht die EU und die USA im wirtschaftlichen Abstieg, sich selbst als aufsteigende Weltmacht, ein Prozess, der in den nächsten Jahren abgeschlossen werden soll, um beim hundertsten Geburtstag der Volksrepublik 2049 gefeiert zu werden. In welcher Weise dies geschieht, hängt auch davon ab, wie eng es gelingt, die EU an China zu binden und auf diese Weise die internationale Ordnung zu bestimmen.